Kässbohrer
On Top Nr.6
"Noch hatte das "Sonderfahrzeug K 801" keinen Namen. Als ein begeisterter
Motorjournalist seinen Bericht jedoch mit den Zeilen "neue motorisierte
Bergziege von Kässbohrer" überschrieb, legte Karl Kässbohrer
höchst eigenhändig den Namen "Pisten Bully" fest. Wenn schon
zoologischer Betug, dann mit eindeutigem Hinweis auf die bullige Leistungs-
und Steigfähigkeit des Fahrzeugs. Der Name blieb.... Erwin Wieland
Die Kässbohrer Geländefahrzeug AG mit Sitz in Senden feiert
zeitgleich mit der "Motor im Schnee" ein eigenes Jubiläum: 30 Jahre
Pisten Bully. Die ersten Denkansätze zum Pisten Bully begannen bereits
vor 1969 - Karl Kässbohrer stellte 1968 seine Pistenfahrzeugkonzeption
vor. Im Winter 1969 wurden die ersten Fahrzeuge gefertigt und ausgeliefert.
Als "Vater des PistenBully" galt damals Konstrukteur Walter Haug, der maßgeblich
zum heutigen Erfolg des Pisten Bullys beitrug. Zu Beginn stand ein Grundprinzip,
das heute noch maßgeblich ist:
1. Hydrostatik für problemloseKraftübertragung,
2. Lenkradsteuerung für sicheres Manövrieren,
3. Fahrerhaus mit vernünftiger Ergonomie,
4. tiefer Schwerpunkt für extreme Steigungen und Schrägfahrten,
5. Plattform für Transportmöglichkeiten.
Später kam noch der Dieselmotor als wirtschaftlich wichtige Komponente
hinzu. 1971 wechselte dann Erwin Wieland, jetziger Vorstandsvorsitzender
der Kässbohrer Geländefahrzeug AG , als Vertriebsleiter vom Omnibussektor
zum Pisten Bully-Bereich. Walter Haug übernahm die Leitung der Konstruktionsabteilung
.
Kässbohrer erzielt beeindruckende Erfolge mit seinen Pistengeräten.
Nach dem Verkauf des Anhängerbaus und der Übernahme der Omnisbus
- Marke Setra durch Mercedes - Benz AG entscheiden sich Erwin Wieland und
seine leitenden Mitarbeiter für Buy Out unter Managementbeteiligung
und Verselbständigung .Am 1. September 1994 wird die Kässbohrer
Geländefahrzeug GmbH als eigenständige Firma gegründet.
Ein Jahr später beginnt der Umzug nach Senden. Die getroffenen Entscheidungen
erweisen sich als richtig: Ende 1997 verläßt der 10.000 Pisten
Bully die Fertigung. Am 16. September 1998 geht Kässbohrer dann einen
Schritt weiter und damit an die Frankfurter Wertpapierbärse.
Eine stattliche Leistungsbilanz ist heute vorzuweisen: Vier Pisten
Bully- Modellgenerationen - vom ersten Baumuster einmal abgesehen, zahlreiche
Sonderausführungen wie etwa die Antarktismaschinen, das Flexmobil,
das Zusatzgerätearsenal, der Off Road-Bereich und die Strandreinigungsgeräte,
die "Beach Tech"-Serie. Weltweit hat Kässbohrer nun 51 % Marktanteil
(in Europa ca. 60 % ) und ist in 65 Ländern (inkl. Strandreinigung)
vertreten. Das jüngste Produkt ist der neue Pisten Bully 100, mit
dem die Kässbohrer Geländefahrzeug AG ihre Fahrzeuggeneration
komplettierte.
Die Pioniere von Kässbohrer im Jahre 1972: Walter Haug (li.) ehem.
Konstruktionsleiter und "Vater des Pisten Bully" ist seit 1994 im Ruhestand
und Erwin Wieland heutiger Vorstandsvorsitzender der Kässbohrer Geländefahrzeug
AG.
Fertigung 1972/73 im "eigenen" Werk 2 der Karl Kässbohrer Fahrzeugwerke
in Ulm.
Der große Pisten Bully 300 W der heutigen Modellgeneration.
Pisten Bully PB 145 D der ersten Fahrzeuggeneration.
MiS 6/99
1969
1979
Der Kässbohrer Pisten-Bully feiert sein Jubiläum.
Am 12. Dezember 1969
wurde die erste Maschine fertiggestellt,
heute, zehn Jahre danach,
sind zweitausend Fahrzeuge in 35 Ländern
rund um den Globus im Einsatz.
Die Geschichte ihres Erfolges
Die Entwicklung des Pisten-Bully ist eng mit den Persönlichkeiten
von Karl Kässbohrer, dem 1973 verstorbenen Senior und Mitinhaber der
Ulmer Fahrzeugwerke, verknüpft. Zeit seines Lebens zog es ihn in seiner
knapp bemessenen Freizeit in die Berge. Wie er selbst noch zu erzählen
wußte, muß es in den sechziger Jahren gewesen sein, als ihn
auf der Seiser Alm erstmals der Gedanke beschäftigte,die Konstruktion
und den Bau leistungsfähiger Pistenfahrzeuge aufzunehmen. Damals tauchten
die ersten, noch recht urig anzusehenden Pistenwalzen auf, denen zumeist
irgendwelche Umbauten oder Eigenkonstruktionen zugrundelagen. Dem gebohrenen
Konstrukteur Karl Kässbohrer mangelte es beim Anblick dieser Fahrzeuge
nicht an Ideen für bessere Lösungen. Vom Urlaub zurückgekehrt,
blieb jedoch bei der Vielfalt der Aufgaben wenig Zeit, um die reizvollen
Überlegungen sofort in die Tat umsetzen zu können. Bis dahin
verging noch einige Zeit. Doch in der unkonventionellen Art, wie Karl Kässbohrer
senior neue Ideen rasch zu realisieren pflegte, entstanden dann 1968 im
Kreis einer kleinen Gruppe erfahrener Konstrukteure die ersten Zeichnungen
für eine neuartige Maschine zur Pistenpflege und schon 12 Monate nach
Arbeitsbeginn war der erste "Pisten-Bully" fertig. Diesen Namen hatte Karl
Kässbohrer senior der robusten, berggängigen Maschine spontan
gegeben. Am 12 Dezember 1969 wurde sie unter der Typenbezeichnung PB 32.120
ausgeliefert.
Das persönliche Engagement von Karl Kässbohrer
senior war dem neuen Pistenfahrzeug ausgezeichnet bekommen. Es war die
Begeisterung für die Sache, die Karl Kässbohrer auf seine Mitarbeiter
übertragen konnte. Im Zenit seines Lebens und nach unzähligen
Nutzfahrzeugentwicklungen wollte er mit ihnen gemeinsam etwas bauen, was
den Menschen ausschließlich zur Freude und zum Freizeitvergnügen
gereiche, so begründete er seine Überlegungen. Was weiter zum
Gelingen des Pisten-Bully beigetragen hatte, waren eben diese reichhaltigen
Erfahrungen aus sieben Jahrzehnten Nutzfahrzeugbau, die die Qualität
und die Leistungsfähigkeit der neuen Maschinen bestimmten.
Zwei ihrer Details erregten besonderes Aufsehen, weil
sie auf der Piste neuartig waren: Der Hydrostatische Antrieb und die Lenkradsteuerung
des Pisten-Bully. Doch wie es das Schicksal aller Neuheiten ist, fanden
auch sie nicht ungeteilte Zustimmung. Die hohen Drücke der hydraulischen
Kraftübertragung seien gefährlich und die Lenkradsteuerung würde
im steilen Gelände versagen! - Zehn Jahre danach werden die Pisten-Bully
immer noch hydrostatisch angetrieben und die großen Arbeitsmaschinen
lenkradgesteuert. Die Unkenrufe sind verhallt. Die Hydrostatik ist ihrer
Vorteile wegen zum Standardsystem der Kraftübertragung bei Pistenfahrzeugen
geworden. Was könnte die Pionierleistung "Pisten-Bully" von 1969 besser
unterstreichen?
Das war ein Rückblick zum Anfang der erfolgreichen
Geschichte der Kässbohrer - Pistengeräte. Wie verlief sie nun
weiter? - Karl Kässbohrer senior und seine Konstrukteure waren erfahrene
Fahrzeugbauer. Sie hatten für den gedachten Zweck eine überdurchschnittlich
gute Konzeption realisiert. Was jedoch jetzt auf sie zukam, hatten sie
nicht bedacht. Der rasante Aufwärtstrend im Skisport traf mit dem
Erfolg ihrer Maschine zusammen und verlangte ihnen mehr als erwartet ab.
Die Praxis benötigte unverzüglich unterschiedlich große
Maschinen, kleinere für Übungslifte und Loipen, größere
für die immer weitflächiger werdenden, großen Skiarenen.
Die Praxis benötigte aber auch eine Fülle von Anbaugerätenn
für die individuelle Bearbeitung unterschiedlichster Schnee- und Geländeverhältnisse.
Mit dem Bau eines einzigen Pisten-Bully-Typs war es also bei weitem nicht
getan. So wurde in kürzester Zeit aus der kleinen Konstruktionsgruppe
der ersten Stunde ein beachtliches Team und die Fertigungsstätten
erweiterten sich Jahr um Jahr, bis zu einem speziellen Pisten-Bully-Werk
mit einer kontinuierlichen Ganzjahresproduktion.
Aus der Kässbohrer-Pisten-Bully-Mannschaft wurden
Experten für Schneekunde. Sie lernten, das Schnee in Japan und Schnee
in den Alpen absolut nicht das selbe ist. Im engen Kontakt mit dem
ständig wachsenden Kundenkreis entstand in den Jahren 1971 bis 1975
ein abgestuftes Maschinenprogramm für Arbeitsbreiten von 2,2 bis zu
4,2m. Dazu wurde das wohl breiteste Programm an Zusatzgeräten und
Aufbauten entwickelt, das es bis heute in der Pistenpflege aus einer Hand
gibt.
Die Arbeitsbreiten der Pisten-Bully spiegeln die Entwicklung
des alpinen Skisports zum Breitensport wieder. Wurde für den ersten
Pisten-Bully 1969 noch eine Arbeitsbreite von 3,2m als völlig ausreichend
erachtet, folgten 1971 bereits Fahrzeuge mit 3,6 und 3,9m . 1972 wurde
das Bauprogramm nach unten mit Fahrzeugen von 2,2 und 2,5m Breite abgerundet
und 1975 folgte der große Pisten-Bully mit 4,2m Arbeitsbreite.
Die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, die der vermehrte
Übergang zur mechanischen Pistenpflege erforderte, sind an der Ausrüstung
der Pisten-Bully mit immer stärkeren und insbesonders sparsameren
Dieselmotoren abzulesen. Der erste Pisten-Bully wurde noch von einem Benzin-Motor
angetrieben, der 120 DIN-PS leistete. Daß heute in der Pistenpflege
allgemein dieselbetriebene Fahrzeuge verwendet werden, ist auf die Tatsache
zurückzuführen, daß Kässbohrer bereits 1971 den konsequenten
Übergang zu sparsamen Dieselaggregaten vollzog, die zunächst
mit 145 DIN-PS als ausreichend erachtet wurden. Im laufe der Jahre wurden
ihre Leistungen jedoch immer größer und die heutigen 170 DIN-PS
dürften in absehbarer Zeit durch noch stärkere Motoren ergänzt
werden.
Die erhöhten Anforderungen in der Pistenpflege geben
auch Zusatzgeräte wieder, die von Jahr zu Jahr kräftiger und
ausladender geworden sind, die heute nicht allein der Schneeverdichtung
dienen, sondern im Zuge neuer ökologischer Erkenntnisse auch für
die Regeneration der befahrenen Schneeflächen zum Schutz der Natur
in der Bergwelt entwickelt wurden.
Die Geschichte der Pisten-Bully-Expansion ist von einer
Anzahl markanter Erfolge bei internationalen Vergleichsveranstaltungen
begleitet, an denen die Kässbohrer-Mannschafz immer wieder teilgenommen
hat. Die Serie der Erfolge nahm 1971 in flaine in Frankreich ihren Anfang
als Kässbohrer mit dem PB 39.145 D bei der CIMEPS sowohl den Gesamtsieg,
wie alle technischen und wirtschaftlichen Vergleichs-Prüfungen gewann.
Aufgrund der besonderen Leistungsfähigkeit wurden Pisten-Bully immer
wieder zur Pistenherstellung und -pflege bei den Skiweltmeisterschaften
und den Winterolympiaden eingesetzt. So 1972 in Sapporo, 1974 in St. Moritz,
1976 in Innsbruck und 1978 in Garmisch-Partenkirchen.
Pisten-Bully präparieren heute auch Skigebiete in
Südkorea, in den UdSSR, in Argentinien und in Neuseeland. Derzeit
sind es 35 Länder rund um den Globus, in denen die Kässbohrer-Maschinen
arbeiten, sodaß sich zu den Bereichen Entwicklung und Fertigung mittlerweile
ein sehr beachtliches Service-Netz mit einer Weltweiten Ersatzteilversorgung
gesellt hat, die auch von den Kässbohrer-Werken in Österreich,
in Frankreich und seit kurzem auch von dem neuen Kässbohrer-Werk in
Italien unterstützt wird.
Die relativ kurze, zehnjährige Geschichte des Pisten-Bully
wäre ohne die gute Zusammenarbeit mit den zahlreichen Kunden nicht
so erfolgreich verlaufen, die dem Namen Kässbohrer Vertrauen entgegengebracht
haben. Ihnen gilt ein ganz besonderer Dank. Ihnen ist auch so manche Anregung
zur weiterentwicklung des Pisten-Bully zuzuschreiben, denn von jeher war
es Kässbohrer-Prinzip, nicht nur für die Praxis zu arbeiten,
sondern mit der Praxis zusammenzuarbeiten. In diesem Sinne sei auch diese
Rückblende auf den Beginn und Verlauf der Pisten-Bully-Entwicklung
mit der Hoffnung abgeschlossen, daß die weitere Arbeit und Zusammenarbeit
in der Zukunft ebenso gut und erfolgreich verlaufen möge.
1969
Und das war der erste Pisten-Bully, der am 12. Dezember 1969 ausgeliefert
wurde. Nach der ungewöhnlich knappen Entwicklungs- und Bauzeit von
12 Monaten stand er bereits im Schnee. Die Rasche Verwirklichung des Pisten-Bully
ist maßgeblich auf Karl Kässbohrer senior zurückzuführen,
der sich persönlich sehr intensiv um das neue Fahrzeug kümmerte
und seine Begeisterung etwas zu bauen, was den Menschen zur Freude und
zum Freizeitvergnügen gereichen sollte, auf alle Beteiligten, in der
Konstruktion, im Versuch und in der Fertigung übertragen konnte.
Schon der erste
Pisten-Bully hatte ein geräumiges Fahrerhaus. Da der Gedanke an Transportaufgaben
1969 noch stark im Vordergrund stand, war die Maschine mit einer großen
Ladebrücke, sowie stabilen Holzbordwänden versehen. Als Sensation
wurde in der fachlichen Diskussion wiederholt der hydrostatische Antrieb
und die Lenkradsteuerung bezeichnet, mit denen der Pisten-Bully ohne Kuppeln
und schalten eine bis dahin unbekannte wendigkeit demonstrierte.
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Kässbohrer Pistenpflege Internationel, 3/5 - 1979